Private Reiseorganisation – das unterschätze Risiko „Schwarztouristik“

Wer aus Sparsamkeit selbst eine Reise für eine Gruppe bucht, geht große finanzielle Risiken ein. Meist sind sich die „Schwarztouristiker“ gar nicht des Problems bewusst. Internet, Smartphones & Co machen es möglich. Immer mehr Deutsche organisieren ihre Reisen selbst. Was viele aber nicht wissen: Wer für Freunde oder Vereinskameraden eine Reise bucht, kann nach dem deutschen Reiserecht schnell zum Reiseveranstalter werden – mit weit reichenden Konsequenzen.

Im Unterschied zu TUI & Co. werden solche nicht-gewerblichen Reiseorganisatoren als „Schwarztouristiker“ bezeichnet. „Neben Einzelpersonen sind es häufig Sportvereine, Kirchengemeinden und Verbände, die ihren Mitgliedern eine schöne Reise ermöglichen wollen und dadurch ungewollt zu einem Reiseveranstalter werden“, sagt Antonio Marin, Betreiber des Reiseportals Golfreisen-Hotels.de. „Auch wenn sie damit keinen Gewinn erzielen wollen, gelten für sie die gleichen Vorschriften wie professionelle Veranstalter, etwa bei der Haftpflicht, dem Insolvenzschutz und der Besteuerung.“

Fallstrick private Reiseorganisation

Zum „Schwarztouristiker“ kann man schon werden, wenn man Bahnfahrt und Hotelzimmer für eine Junggesellenabschieds-Gruppe und die jährliche Mannschaftsreise des Sportclubs über seine eigene Kreditkarte bucht. Auch ein Tagesausflug der Schulklasse mit dem Bus inklusive Mittagessen macht den organisierenden Lehrer unter Umständen zu einem Reiseveranstalter. Denn wer mindestens zwei wesentliche Reiseleistungen wie Unterkunft, Anreise oder Verpflegung für andere organisiert, hat nach dem Gesetz eine Pauschalreise zusammengestellt.

Die schlimmsten Konsequenzen solcher privat organisierten Reisen offenbaren sich im Schadensfall. Wenn ein Reiseteilnehmer sich verletzt oder die Gruppe infolge eines Unwetters länger als geplant am Urlaubsort verweilen muss, haftet der Veranstalter, notfalls mit seinem Privatvermögen.

Da bei Geld die Freundschaft bekanntlich aufhört, kann der Organisator davon ausgehen, dass bei größeren Summen die Teilnehmer mit Schadenersatzansprüchen auf ihn zukommen werden. Spätestens Versicherungen werden nach einem Schadenfall versuchen, sich das Geld von dem für die Reise verantwortlichen Reiseveranstalter zurückzuholen.

Doch der Ärger kann schon lange vor der Abfahrt beginnen. Wird eine Gruppenreise beispielsweise am Aushang des Clubheims beworben, können fehlende Angaben zu einer teuren Abmahnung führen. Er wird als Gewerbetreibender eingestuft und benötigt als Reiseveranstalter eine Insolvenzabsicherung – Verstöße dagegen können teure Bußgelder nach sich ziehen. Vereinen droht zudem der Verlust der Gemeinnützigkeit und damit steuerliche Nachteile, wenn die Finanzbehörden genauer auf die Veranstaltertätigkeit schauen.

Dass die „Schwarztouristik“ kein Nischenphänomen ist, zeigt eine Studie, die bereits für das Jahr 2000 das Volumen der Schwarztouristik auf 2,9 Mrd. Euro Umsatz schätzte, was rund 15 Prozent des Umsatzes der deutschen Reiseveranstalter entsprach. Seitdem hat sich der Umsatz der Reiseveranstalter von 18,3 Mrd. auf 25,3 Mrd. Euro im Jahr 2013 erhöht und ist die Selbstorganisation von Reisen dürfte durch technischen Fortschritt weiter zugenommen haben.

Wie gering das Problembewusstsein für das Thema „Schwarztourismus“ ist, zeigt eine Master-Arbeit aus dem Jahr 2012. Von 200 befragten Vereinen im Landkreis Alzey-Worms erfüllte ein Drittel die Definition eines Reiseveranstalters, aber die wenigsten waren sich der drohenden Folgen bewusst.

Die eleganteste Methode, diese Probleme zu umgehen ist die Buchung einer Reise über einen Veranstalter. Diese erfüllen nicht nur die rechtlichen Voraussetzungen wie eine Insolvenzversicherung, sondern haben weitreichendere Absicherungen (Haftpflicht) und auch das fachliche Know-How, eine Reise optimal zu gestalten. Vor allem spezialisierte Veranstalter kennen oft günstigere Alternative zum im Internet gefundenen Hotel oder suchen bequemere Anreisemöglichkeiten heraus.

„Viele Selbstbucher glauben, dass sie die Reise günstiger zusammenstellen können als das Reisebüro. Das stimmt so nicht“, sagt Antonio Marin. „Professionelle Reiseveranstalter erhalten in der Regel bessere Konditionen als Schwarztouristiker, die nur gelegentlich ein Kontingent buchen, und können diese Vorteile an ihre Kunden weitergeben.“

Ausführliche Informationen und ein aktuelles Interview finden Sie unter:

Foto / Quelle: M.Jenkins – Fotolia, Travel-Emotion, Antonio Marin