Übernahme einer Charteryacht

Segelurlaub mit Charterschiff

Auf jeder Charterbasis wir die Übergabe der Yacht unterschiedlich gehandhabt, aber dennoch gibt es Grundsätzliches zu beachten, damit die Crew einen entspannten Törn vor sich hat. Bei der Schiffsübergabe gilt es in kürzester Zeit die Charteryacht samt Ausrüstung und komplizierter Technik kennen zu lernen. Für Skipper und Crew nicht selten eine stressige Angelegenheit. Anreisestrapazen, Klimawechsel und das Verlangen nach schnellem Ablegen lassen schnell mal Hektik aufkommen. In der Hochsaison hat das Personal der Charterbasen alle Hände voll zu tun, nicht selten werden dann 50 Fuß-Yachten in 30 Minuten übergeben, da fällt es schwer, die komplexe Ausrüstung hinreichend auf Funktion und Schäden zu checken sowie die Funktion des Autopiloten oder des Seekartenplotters zu verinnerlichen. Auf diese Art und Weise hat schon mancher Skipper Schäden der letzten Crew bezahlt.

Die Übernahme einer Charteryacht besteht aus zwei Teilen: der Abwicklung im Büro (Kaution hinterlegen, eventuelle Restzahlungen leisten und Schiffsunterlagen in Empfang nehmen) und dem Einchecken auf dem Schiff. Fast jedes Wochenende kann man sehen, dass früh angekommene Chartercrews morgens um 8.00 Uhr mit Sack und Pack vor dem Schiff stehen und am liebsten gleich an Bord wollen, obwohl die Yacht noch nicht gereinigt ist. Damit halten sie nicht nur den Basisbetrieb auf, sondern tun sich auch selbst keinen Gefallen, denn sie setzen das Reinigungspersonal unter Druck. Wie viel entspannter wäre es für alle Beteiligten, wenn sich die Mannschaft erst mal in ein Café setzt, um in Ruhe abzuwarten, bis das Büro öffnet. Oder, um die erste Neugier zu befriedigen, erst einmal einen Mitsegler ohne Gepäck die Lage auskundschaften lässt.

Wenn dann der Papierkram erledigt ist, geht es an Bord. Das Prozedere der Schiffsübernahme kann sich von Basis zu Basis unterscheiden. Das hängt von dem Personal, der Zeit und der Firmenpolitik ab. Und auch davon, wie viel Erfahrung der Schiffsführer hat, beziehungsweise zu haben vorgibt. Aber auch, wenn die Zeit einmal knapp ist, weil viele Crews am liebsten gleichzeitig abgefertigt werden wollen, werden dem weniger erfahrenen Skipper die Dinge ausführlich erklärt und demonstriert – zumindest in jeder ordentlich geführten Basis. Zu Grunde liegt eine (ziemlich lange) Checkliste in der alle Ausrüstungsgegenstände einzeln aufgeführt sind (inklusive Korkenzieher und aller Gläser…). Diese wird nach und nach „abgehakt“ und Sie erklären mit Ihrer Unterschrift auf dem Übernahmeprotokoll die Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit des Schiffes und seiner Ausrüstung. Manche Checklisten enthalten bereits die Preise für den Verlust einzelner Gegenstände, wie z.B. einer Winschkurbel, die gleich mit 70,00 Euro zu Buche schlagen kann und gerne mal über Bord geht.

Die richtigen Fragen stellen. Der Skipper muss nachfragen. Lieber einmal mehr als zu wenig. Wenn das nicht geschieht geht der Basismitarbeiter erst einmal von einem Mindestmaß an Grundwissen über den Umgang mit einer Charteryacht aus. Beim Check-in wird alles, was ein Skipper zur Bedienung der Yacht wissen muss, erklärt. Wichtig ist dabei auch die genaue Erklärung der Sicherheitsausrüstung. Doch nicht immer ist das Personal qualifiziert genug, einem wenig erfahrenen Chartersegler die nötigen Tipps mit auf den Weg zu geben, um Anfangsschwierigkeiten zu vermeiden. Und manchmal sind gut gemeinte Ratschläge sogar kontraproduktiv. So kann man es beispielsweise erleben, dass ein Techniker auf einer Basis seinen Gästen erzählt, dass die Seeventile nicht geschlossen werden dürfen. Nach seiner Erfahrung hätten die Chartergäste mehr Toilettenprobleme verursacht, indem sie bei geschlossenem oder nicht ganz offenem Seeventil gepumpt hätten. Eine über die Toilette gesunkene Yacht kam in seinem zweijährigen Erfahrungsschatz offensichtlich nicht vor.

Es kann bei der Übernahme sein, dass, wenn man nach dem Seeventil vom Motor fragt, die Antwort nur heißt: „Das brauchst Du nicht.“ Normalerweise nicht, das ist richtig, doch trotzdem sollte jeder Skipper wissen, von wo es zugänglich ist. Und warum werden in der Regel Rettungsinsel, Wantenschneider, Notruder und Feuerlöscher gezeigt? Alle hoffen doch, dass sie die während eines Törns auch nicht zum Einsatz bringen müssen. Ziemlich bewusst werden dem Charterer technische Details verschwiegen, denn nicht selten richten Charterskipper aufgrund ihrer Unerfahrenheit mit Inspektionen und „Eigenreparaturen“ Schäden an. Deshalb besonders wichtig: Wenn möglich soll der Charterer bei technischen Problemen unbedingt die Basis informieren, bevor er selbst anfängt zu werkeln.

Wenn einer es zu gut machen will. Ein Beispiel dazu aus der Praxis, wie schnell etwas schief gehen kann: Ein Charterkunde fragte bei der Übernahme, was er unterwegs am Motor zu überprüfen hätte. Bestenfalls Öl und Wasser, erwiderte der Techniker und fügte hinzu, dass der Motor erst vor kurzem seinen Service bekommen hatte. Trotzdem zeigte der Mitarbeiter ihm Ölpeilstab und auch die beiden Kühlkreisläufe. Am Abend rief der Kunde aus einem entfernten Hafen an und bat um ein Ersatzschiff. Ihm war unterwegs der Motor ausgefallen, woraufhin er die Seenotrettung gerufen hatte, um sich abschleppen zu lassen.

Bei der Einweisung in das neue Schiff, erwähnte der Techniker, dass er bei Motorfahrt immer darauf achten soll, ob das Kühlwasser aus dem Auspuff kommt. Bei näherer Untersuchung der „Havarieyacht“ stellten die Techniker fest, dass der Deckel vom Seewasserfilter nicht richtig aufgeschraubt war. Dadurch war offensichtlich Luft in das System gekommen und die Seewasserpumpe zog kein Kühlwasser mehr. Wenn der Rudergänger dann nicht bemerkt, dass draußen kein Kühlwasser ankommt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Motor überhitzt ist und ausfällt.

Unter Deck: Beim Einchecken einer Charteryacht bekommt man in der Regel eine Inventarliste in die Hand gedrückt, mit der man sich mehr oder weniger eine Weile still beschäftigen kann. Es soll natürlich alles seine Richtigkeit haben, aber das Zählen sämtlicher Gabeln und Löffeln ist nicht nur mühselig sondern normalerweise auch nicht notwendig – mir ist bisher noch kein Vercharterer untergekommen, der ein verloren gegangenes Besteckteil in Rechnung gestellt hat. (Ein Blick in die Bestecklade sollte reichen um festzustellen, daß alle Crewmitglieder mit genügend „Werkzeug“ versorgt sind) Soll an Bord gekocht werden und steht etwas spezielles am Speiseplan, sollten Sie überprüfen, ob das dazu notwendige Geschirr vorhanden ist – fehlt etwas, fragen Sie die Stützpunktcrew, welche meist etwas entsprechendes auf Lager hat.

Der ganze Erfahrungsschatz einer Charter-Profiseglerin zum Thema „Chartern einer Yacht“ findet sich in dem Buch von Silke Eggert: „Wasser im Schiff“ und andere Segelgeschichten. Die Autorin, eine erfahrene Charterskipperin, die zehntausende Meilen abgesegelt und dabei auch bisher viermal den Atlantik überquert hat, hat ihr Wissen zusammengetragen und ein Lese(lehr)buch geschrieben. Hier können nicht nur angehende Charterskipper erfahren, wie man richtig mit einer Yacht umgeht, auch Yachteigner finden eine gleichermaßen unterhaltsame wie auch lehrreiche Lektüre. Es bringt Spaß, die „Segelabenteuer“ von Silke Eggert zu lesen. Durch kurz gefasste Resümees am Ende jedes Kapitels kann der Leser schnell feststellen, was die Autorin in ihren authentischen Geschichten falsch oder richtig gemacht hat.

Foto/Quelle:  Silke Eggert,  www.mediamaritim.de