Der Surrealismus – das bin ich!

Dieses Zitat des spanischen Künstlers, so unmissverständlich es auch sein mag, reicht allein nicht aus, um zu begreifen, welche Bedeutung Dalí für die Kunstszene hatte und auch 18 Jahre nach seinem Tod noch immer hat. Man muss seine Werke sehen, sie immer wieder neu auf sich wirken lassen, um dem Mythos eines Mannes näher zu kommen, der heute wie zu seinen Lebzeiten polarisiert wie nur wenige Künstler: Dalís Kunst kann man ablehnen und auch hassen, verehren und auch lieben – aber unberührt lässt sie keinen, der ihr je begegnet ist.

Darum faszinieren Dalí-Ausstellungen immer wieder neu. Selbst wer glaubt, schon alles gesehen zu haben, was in mehr als siebzig schöpfungsreichen Jahren entstanden ist, wird sich wundern, was es in der ehemaligen Filmbühne Wien am Berliner Kurfürstendamm neu zu entdecken gibt.

Die Kunst des Malers bestehe nicht darin, ein Bild zu malen, hat Dalí einmal gesagt. Das Bild sei immer schon existent, der Maler müsse es nur sichtbar machen. Dazu hatte sich der Spanier auch ungewöhnliche Methoden zu Eigen gemacht. Während eine Waffe dazu geschaffen ist, vernichtend zu wirken, kehrte Dalí deren Bedeutung um. Er schoss und schuf mit Kugeln, die in Tusche getaucht waren, neue Bilder. Bulletismus nannte Dalí diesen neuen Kunststil, den er auch zur Illustration der Don-Quichotte-Bücher anwendete, die in der Ausstellung am Kurfürstendamm zu sehen sind.

Ideen wie diese brachten Dalí das Attribut eines „verrückten Spaniers“ ein. Dabei konnte bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob es vielleicht eher Dalí war, der mit seiner Kreativität die Verrücktheit der (Kunst-)Szene entlarvte, die jede neue und noch so absurde Idee des Surrealisten als Sensation feierte. Dalí verstand es, seine Arbeit und sich selbst durch Andeutungen mit viel Interpretationsspielraum immer wieder neu zu inszenieren. Allein das von ihm als Lieblingsfarbe genannte Absinthgrün lässt Raum für wildeste Spekulationen – nicht zuletzt beim Betrachten seiner Bilder!

Dalí – Die Ausstellung zeigt auf etwa 5.000 Quadratmetern mehr als 400 Werke. Keine fließenden Uhren oder andere Mainstream-Exponate, sondern ausgesuchte Lithographien, Zeichnungen, originale Grafiken und komplette Mappenwerke, illustrierte Bücher, Dokumente und Arbeitsbelege. Ferner Skulpturen wie den „surrealistischen Engel“ oder die berühmte Bronzefigur „Mannequin zootropique“, Medaillen, Münzen und Filme. Es ist eine weit gefächerte Auswahl, die viele Facetten Dalís ausstellt und der Versuch, den Anspruch des verrückten Spaniers zu dokumentieren: „Der Surrealismus – das bin ich!“

Dalí – Die Ausstellung, mehr unter dalimuseum.de.

Text: Bernd Schwintowski