Kölner Bundesligatrainer hat eine Menge zu sagen

Christoph Daum spaltet Fußball-Deutschland. Für die einen ist er der Beste. Für andere ein Blender. Im Interview mit Maxim, dem internationalen Männermagazin, erklärt der Trainer des 1. FC Köln, warum ihn keiner versteht und warum der Kopf beim Fußball das dritte Bein ist. Bei Fernseh-Interviews nach Spielende wirkt er oft gereizt. Mag er keine Fragen von Journalisten? „Doch. Leider werden mir von vielen Ihrer Kollegen nie welche gestellt. Es werden Feststellungen getroffen. In der Art: ‚Sehen Sie es nicht auch so…?‘ oder ‚Sind Sie nicht auch der Meinung, dass…?‘ Da denke ich: ‚Bin ich nur noch zum Bestätigen hier, zum Abnicken?‘ Ich bin kein Ja-Sager.“ Der Schritt, in Köln als Trainer zu arbeiten, sei für ihn eine „Herzensangelegenheit“ gewesen. Eine Herzensangelegenheit bedeutet, etwas zu tun, obwohl der Verstand einem dringend davon abrät. „Und mein Verstand war dagegen, in Köln zu unterschreiben. Zuerst hatte ich ja abgesagt.“ Warum ist er jetzt trotzdem Trainer beim 1. FC Köln? „Weil ich hier, nachdem ich aus meiner Heimatstadt Duisburg 1975 wegging und zum Studium nach Köln kam, beim FC ein zweites Zuhause gefunden habe. Erst als Amateurspieler, später als Trainer. An vielen Dingen, die diesen Verein zu dem machen, was er heute ist, habe ich mit den Händen mitgewirkt! Kohler, Häßler und Illgner, die 1990 Weltmeister geworden sind, habe ich entdeckt und entwickelt.“ Dann verdankt ihm der Klub ja bereits einiges und er hätte erst recht nicht in Köln unterschreiben müssen. „Ich stehe hier bei keinem mehr in der Schuld. Das ist richtig. Darum geht es aber auch nicht. Köln lässt mich eben nicht mehr los. Egal, an welchem Ort der Welt ich als Trainer war: Ich habe diesen Verein immer verfolgt. Und dann kam die Situation, dass man mich hier brauchte. Ich wusste, dass ich bei diesem Job in jeder Beziehung mehr verlieren als gewinnen kann.

Aber dieses Risiko habe ich emotional einfach weggedrückt.“ Ist die von den Medien heftig kritisierte Pressekonferenz aus dem Krankenhaus, die er im November 2006 vor seinem Amtsantritt in Köln gegeben hat, auch als emotionaler Akt zu verstehen? „Es ist schwierig, Ihnen das zu erklären, weil das nicht geht, ohne die Medien zu attackieren. Und wenn ich die Medien attackiere, dann halten sie zusammen. Insofern ist das ein fast aussichtsloses Unterfangen.“ Er spricht in Rätseln. „Also gut, dann erzähle ich, wie es wirklich war. Ich lag in diesem Krankenhaus, weil mir die Mandeln entfernt werden mussten. Das hatten Journalisten herausgefunden und mich unter Druck gesetzt. Nach dem Motto: Du musst was sagen. ‚Wirst du Trainer beim FC oder nicht?‘ Mir wurde gedroht: ‚Wenn du nichts sagst, schreiben wir über andere Dinge, die dir vielleicht nicht so gefallen, zum Beispiel, du hättest Krebs oder so.‘ Gleichzeitig haben sich Journalisten ins Krankenhaus eingeschlichen, in jedem OP-Saal standen Fotografen. Irgendwann sagten dann die Ärzte: ‚Schluss, das geht nicht mehr!'“ Er hatte also keine Wahl? „Richtig. Daher kam beim Krankenhaus und bei mir die Idee auf, nach vorn zu gehen und zu sagen, mir geht es okay, ich möchte nur erst mal nicht wieder arbeiten.“ Er gilt als Motivator. Überall, wo er als Trainer gearbeitet hat, schwärmen Spieler von seinen ungewöhnlichen Methoden. In Leverkusen ließ er die Spieler sogar mal über glühende Kohlen gehen. „Es waren Glasscherben.“ Was haben die Spieler dazu gesagt? „‚Das würde ich nie machen.‘ Und ich meinte: ‚Okay, gib mir das schriftlich. Und dann zeige ich dir, welch unglaubliche Kraft, ich spreche von Autosuggestion, da im Denkapparat zwischen deinen Ohren schlummert, an einem Beispiel.‘

Das waren die Glasscherben.“ Und die Spieler wie Ballack… „Die haben gesagt: „Trainer, ich hätte nie gedacht, dass ich das kann. Jetzt weiß ich, dass ich mich mit meinem Kopf mehr beschäftigten muss. Jetzt habe ich verstanden, was für eine unglaubliche Kraft da oben drinsteckt.“ Die Glasscherben sind nur Mittel zum Zweck, um den Spielern zu zeigen: „Dein Kopf ist dein drittes Bein. Nutze ihn!“ Fühlt er sich unverstanden? „In den Medien gibt es offenbar eine gewaltige Fehleinschätzung meiner Person. Oder können Sie mir eine Zeitung nennen, in der sachlich über meine Trainingsmethoden berichtet wurde? Nur eine einzige? Sparen Sie sich das Nachdenken – es gibt keine. Ich habe alle Journalisten zusammengeholt und es denen, wie Ihnen eben, im Detail erläutert. Geschrieben wurde dann etwas völlig anderes. Ich habe die Journalisten wieder zu mir bestellt, es ihnen noch einmal erklärt. Ich habe jetzt bisher, glaube ich, 247 Mal erklärt, warum ich arbeite, wie ich arbeite. Sie wären der Erste, der es so aufschreibt, wie ich es sage. Der E r s t e ! Aber wenn Sie es nicht tun: kein Problem. Reihen Sie sich ruhig bei den anderen ein – Sie sind 248.“ (lacht) Fühlt er sich in der Diskussion über Jürgen Klinsmanns neue Methoden eigentlich genug gewürdigt? Immerhin ist Christoph Daum ja der Pionier in Sachen revolutionärer Trainingsinhalte.

„Darum geht es doch gar nicht, ob ich mich gewürdigt fühle. Allerdings macht Jürgen Klinsmann ähnliche Erfahrungen wie ich. Zuerst wird man bekämpft, dann belächelt und irgendwann akzeptiert.“ Was kommt noch in seinem Leben? Träumt er weiter davon, erster deutscher Trainer in Italien zu werden? „Wenn du aufhörst zu träumen, dann hörst du auf zu leben, dann existierst du nur noch. Das ist ein Zitat. Es gibt ein wunderbares Buch von Daniel Goeudevert. Es heißt ‚Mit Träumen beginnt die Realität.‘ Ich bin immer dafür, Visionen zu haben. Visionen schaffen Fakten.“ Welche Visionen sind das konkret? „Den 1. FC Köln wieder in der Bundesliga etablieren. Neue Organisationsstrukturen schaffen, neue Märkte erschließen, neue Sponsoren, neue Kunden gewinnen. Das sind schon mal fünf Visionen.“ Glaubt er, dass Vorstand und Fans des 1. FC Köln geduldig genug sind für seine Visionen? „Ich denke schon, und außerdem bestimme ich hier nichts im Alleingang. Meine Maxime ist es, unabhängig vom Tageserfolg zu werden.“ Ob er gewinnt oder verliert, ist ihm egal? „Quatsch. Gewinnen geht mir über alles. Ich bin absolut erfolgsorientiert. Aber eben auch seit 24 Jahren Trainer. Wenn es nicht läuft, gehe ich etwas mehr nach vorn, übernehme Verantwortung. Das habe ich gelernt, ein persönlicher Evolutionsprozess.“

Das ausführliche Interview mit Christoph Daum lesen Sie im aktuellen Maxim-Magazin, welches am heutigen Tage erscheint.

Fotoquelle: Maxim