Gibt es ein Selbstbestimmungsrecht von Frauen für den Tag danach?

Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen in Bezug auf ihre reproduktive Gesundheit zu stärken, ist Bestandteil des Koalitionsvertrags unserer aktuellen Regierung. Im Fokus stehen hierbei Themen wie eine außerstrafrechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen und der Zugang zu kostenfreien Verhütungsmitteln.

Auch die Einschränkung der Informationsfreiheit zur Notfallkontrazeption durch das aktuell gemäß § 10 Abs. 2 des Heilmittelwerbegesetzes bestehende Werbe- bzw. Informationsverbot gehört in diesen Themenkomplex.

Wie die Bevölkerung hierzu steht, untersucht der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH), im Rahmen des aktuellen Gesundheitsmonitors mit einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Bevölkerung zum Thema Notfallkontrazeption.[1]

Demnach finden fast 9 von 10 Personen es wichtig, dass es ausreichend Informationen über Notfallverhütungsmittel gibt, etwa zwei Drittel der Befragten sprechen sich explizit gegen das Werbeverbot zur „Pille danach“ aus.[1]

Wenn die reguläre Verhütungsmethode versagt, kann die zeitnahe Einnahme eines oralen Notfallkontrazeptivums, das seit 2015 rezeptfrei in der Apotheke erhältlich ist, eine ungewollte Schwangerschaft verhindern. 15 Prozent der Befragten geben in der Erhebung des BAH an, die „Pille danach“ schon einmal verwendet zu haben.[1,2]

Pille oder Kondom?
Wer hat die Verhütung in der Hand? / © HRA Pharma Deutschland GmbH – Fotograf: Alexthq

Direkt rezeptfrei in der Apotheke besorgt

Mehr als die Hälfte von ihnen (53 %) haben dabei offenbar die Aufhebung der Verschreibungspflicht genutzt und das Präparat direkt in der Apotheke besorgt, 42 Prozent ließen sich zunächst ein Rezept ausstellen und lösten dieses dann ein.[3]

Doch die Umfrage deutet darauf hin, dass die Deutschen auch unabhängig von eigenen Erfahrungen mit Notfallverhütungsmitteln niedrigschwelligen Zugang und umfassende Aufklärung wünschen: 80 Prozent befürworten die rezeptfreie Verfügbarkeit von Notfallverhütungsmitteln in der Apotheke.

Eine noch größere Mehrheit (87 %) hält ausreichende Informationen zum Thema Notfallkontrazeption für wichtig (58 % stimmten sehr, 29 % eher zu).[1] Dabei ist die Zustimmung unter Frauen häufiger als unter Männern (91 % vs. 82 %). Laut 4 von 5 der Befragten sollten Hersteller von Verhütungsmitteln über ihre Produkte außerdem auch mit Nennung des Produktnamens informieren dürfen.[1]

Das geltende Werbe-/Informationsverbot halten etwa zwei Drittel (70 %) für nicht mehr zeitgemäß. Eine kleine Haushaltsgröße (1-2 Personen: 70 %) und eine private Krankenversicherung (77 %) waren gegenüber großen Haushalten (5+ Personen: 58 %) und einer gesetzlichen Versicherung mit privater Zusatzversicherung (67 %) mit höheren Zustimmungswerten assoziiert.[1]

65 Prozent sind der Auffassung, das Werbeverbot stehe im Widerspruch zur Selbstbestimmung von Menschen, mit 70 Prozent stimmten hier deutlich mehr Männer zu als Frauen (60 %).

[1] CAWI-Befragung von Nielsen im Auftrag des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH). Stichprobe: 1.011 Personen in Deutschland ab 18 Jahren (Frauen: n=527, Männer: n=484), repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung. Befragungszeitraum: 06.04. bis 16.04.2023).
[2] Fragestellung: Haben Sie bereits selbst oder Ihre (Sexual-)Partnerin ein solches Notfall-Verhütungsmittel eingenommen?
[3] Die Pille danach wurde 2015 aus der Rezeptpflicht entlassen. Es wurde in der Umfrage nicht erhoben, ob die Befragten das Notfallkontrazeptivum vor oder nach dem OTC-Switch verwendet haben.

Quelle / Fotos: hra-pharma.com