Fahrbericht: Fiat Bravo 1,4 16V T-Jet

Paolo Martinelli, der bis zum Herbst 2006 Chef der Motorentwicklung bei Ferrari war, zeichnet sich nun bei Fiat verantwortlich für den neuen Standardmotor T-Jet, den 1,4-Liter-Vierzylinder mit 16 Ventilen und Turbolader, der im Fiat 500 ebenso eingesetzt wird wie im Fiat Punto und im kompakten Mittelklasse-Modell Fiat Bravo. Wir fuhren jetzt den Fiat Bravo 1.4 V T-Jet mit 110 kW / 150 PS in der gehobenen „Emotion“-Ausstattung zum Basispreis von 21.400,- Euro.

Martinellis Aufgabe lautete, einen Motor mit rund 100 PS pro Liter Hubraum zu bauen, dessen Eigenschaften sowohl sportliches, besonders aber sparsames Fahren erlauben. Vier Zylinder und kleiner Hubraum waren dabei Bedingung, denn je kleiner der Motor, je weniger Mechanik bewegt werden muss, desto geringer der innere Widerstand, der überwunden werden muss. Auch ein italienischer Motorenentwickler wird das „Downsizing“ genannt haben.

Fiat hat mit dem T-Jet-Motor einen der ersten Motoren dieser neuen Klasse geschaffen, die mit 16 Ventilen, Turboaufladung, Ladeluftkühlung, moderner Saugrohreinspritzung und intelligenter Elektronik in die Zeit passen. Dabei ermöglicht der Turbolader ein Drehmoment, wie es bei so kleinen Motoren sonst nicht möglich ist. 206 Newtonmeter (Nm) bei 2250 Umdrehungen pro Minute (U/min) bietet die 150-PS-Variante. Bei der „Sport“-Version lässt sich per Knopfdruck der sogenannte Overboost aktivieren. Dann sind es bei 3.000 U/min 230 Nm.

Zur Leistung aus kleinerem Hubraum gehört Drehzahl. Deswegen entwickelt der starke T-Jet seine maximale Leistung erst bei 5.500 U/min, was aber heutzutage weit weg von einem besorgniserregenden Niveau bleibt. Nur beim Anfahren wirkt sich das geforderte Drehzahlniveau nachteilig aus. Der T-Jet will kräftig Gas bekommen, wenn er losfahren soll. Dennoch kann man sein Anfahrverhalten nicht als „Anfahrschwäche“ bezeichnen.

Seine Stärken zeigt der T-Jet in unserem Bravo. Der beschleunigt den leer rund 1.400 Kilogramm schweren Bravo in 8,5 Sekunden (Overboost 8,2 Sekunden) von 0 auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 210 km/h. Sein Verbrauch liegt im Durchschnitt nach der EU-Norm bei nur 7,1 Litern, wobei seine für ein Fahrzeug der Kompaktklasse gute Aerodynamik (Luftwiderstandsbeiwert 0,32) sicher mithilft. Beim Kohlendioxidausstoß liegt der Bravo bei 167 g/km.

Nun zählt Fiat den Bravo zu den kompakten Mittelklässlern, zu den Golf-Konkurrenten. Wegen seiner Gesamtlänge von 4,34 Metern und seiner Van-ähnlichen Form mit weit vorn ansetzender A-Säule lässt er seinen Insassen gut Platz. Selbst groß gewachsene Hinterbänkler müssen nicht um ihren Kopf bangen. Die Dachhöhe reicht vorn wie hinten. Die Schulterbreite passt zu einem Auto seiner Klasse, ebenso der Kofferraum von 400 Litern, der sich auf 1.175 Liter erweitern lässt. Auch die Zuladung von 435 Kilogramm entspricht der Erwartung, die in dieser Klasse leider immer wieder einmal enttäuscht wird.

Innen gibt sich die Emotion-Version des Bravo edel bis sportlich. Die Rundinstrumente wurden im klassischen Chronometer-Stil gestaltet, doch hätte das sicherlich etwas leichter erfassbar geschehen können. Die Frontscheibe ragt – dem Van-ähnlichen Stil der hübschen Karosse folgend – weit vor dem Fahrer auf, was der Sicht nach vorn schon vom Prinzip her, aber erst recht von den massiven A-Säulen her nicht förderlich ist. Dafür kann man sich über die Rundumsicht nicht beklagen.

In der Mittelkonsole hat Fiat unter den Ausströmern Bedienelemente und ein hervorragendes Navi-Radio untergebracht (Aufpreis 700,- Euro), darunter die Steuerung von Lüftung und Heizung. Das alles wird in der vollen Breite von einem Instrumententräger überbaut, dem eine Karbonoptik eingeprägt wurde. So entsteht zusammen mit dem Multifunktions-Lederlenkrad ein ansprechend elegantes Ambiente.

Das Fahren mit dem Fronttriebler bringt kaum Überraschungen. Sein Fahrwerk mit 205/55 R 16-Rädern fällt auch bei der Emotion-Variante eher straff aus. Verwunderlich, dass der Bravo bei seinem recht langen Radstand von 2,60 Metern sich auch schon einmal zu Nickschwingungen anregen lässt, wie man sie sonst nur von Klein- oder echten Geländewagen kennt. Seine Lenkung ist nicht frei von Antriebseinflüssen, aber so direkt und präzise, dass sich der Bravo auch agil und sportlich bewegen lässt. Hilfreich sind dabei die Sitze mit gutem Seitenhalt und die butterweich zu schaltende Sechs-Gang-Handschaltung.

Der Bravo und der T-Jet-Motor passen zu einander. Mit beiden hat Fiat nach einer langen Pause bewiesen, dass die Italiener Autos bauen können. Dennoch fällt es Fiat schwer, in Deutschland soviel Abnehmer zu finden, wie der Bravo verdient hätte. Vielleicht gelingt es dem Unternehmen nun aber mit dem Fiat 500, die Marke soweit positiv aufzuladen, dass man sich auch hierzulande wieder mehr um die anderen Fahrzeuge der Marke kümmert.

Fotos: Auto-Reporter / Fiat