Abspeckshows langweilen TV-Publikum

Diät- und Ernährungsshows prägen quer über alle Sender hinweg das Reality-TV im deutschsprachigen Fernsehen. Nach Big Brother, Castingshows und Erziehungscamps liefern Abnehmwillige mit Figur- und Selbstwertproblemen neuen Stoff für den Quotenhunger der TV-Sender. Doch das Geschäft mit dem Übergewicht führt nicht zwangsläufig zum Erfolg. So musste zuletzt ProSieben erkennen, dass die Erwartungen an das Abspeck-Format „The Biggest Loser“ deutlich zu hoch gegriffen waren. Die Show, die am vergangenen Wochenende ihr Finale feierte, fuhr über die gesamte Staffel hinweg nur mäßige Quoten ein und das Interesse des Publikums hielt sich auch am Ende in Grenzen. Beim Sender will man davon naturgemäß nichts wissen und zeigt sich mit der ersten Staffel zufrieden. „Ob es eine zweite Staffel gibt, steht zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht fest“, sagt Tina Land, ProSieben Programmkommunikation, auf Nachfrage von pressetext.

Prinzipiell gibt es nach Meinung von Medienexperten durchaus einen Markt für Sendungen rund um das Thema Diät und Abnehmen. „Viele Printtitel leben regelrecht davon. Warum das Format im Fernsehen nicht so recht zünden will, hat unterschiedliche Gründe“, meint Kai-Uwe Weidlich, Geschäftsführer des Medien Instituts in Ludwigshafen, gegenüber pressetext. Einerseits habe es im Fall von „The Biggest Loser“ die Moderatorin (Ex-Eiskunstläuferin Kati Witt) nicht geschafft, die Unterhaltungskomponente entsprechend herauszuarbeiten. „Zum anderen fehlt die Action. Abnehmen ist ein Prozess, der langsam abläuft. Da passiert einfach zu wenig und schlussendlich sind übergewichtige Körper kein typischer Publikumsmagnet“, so Weidlich weiter. Sei die erste Sensationsgier einmal befriedigt, würde sich der durchschnittliche Zuschauer lieber wieder „Design-Körper“ im Fernsehen anschauen.

Als Hauptzielgruppen ortet der Medienexperte zwei Zuschauertypen. „Erstens gibt es die sogenannten ‚Sensation Seeker‘, die aus einer Art Sensationslust heraus die Menschen in ihren unförmigen Körpern begaffen.“ Daneben gebe es jedoch auch jene, die selbst abnehmen wollen und sich deshalb mit dem Thema befassen. Genau diesen Aspekt versucht offenbar auch die Dokusoap „Österreich isst besser! Das Teenager Camp“ auf ATV aufzugreifen. Dem österreichischen Privatsender ist mit dem Abnehmformat anders als ProSieben ein Quotenerfolg gelungen. „Die Sendung hat einen gewissen Servicecharakter. Den Zusehern soll neben der Unterhaltung auch ein Mehrwert geboten werden“, erklärt ATV-Sprecherin Alexandra Damms gegenüber pressetext. Dem Publikum werde nahegebracht, wie man sich gesund ernähren kann. Das ATV-Format unter der Leitung der Ernährungsexpertin Sascha Walleczek, das zuvor bereits in anderen Ausführungen auf Sendung war, feiere derzeit die erfolgreichste Staffel überhaupt. „Nach dem Erfolg der Vorgängershows lag es nahe, gesunde Ernährung dort zu thematisieren, wo bereits der Anfang von Übergewicht zu finden ist – in der Kindheit und Jugend“, so Damms.

Die Zurschaustellung des eigenen Körpers und der persönlichen Schwächen sowie die öffentliche Wahrnehmung dessen liegt letztlich nur marginal in der Verantwortung der Sender. „Es steht grundsätzlich die Frage dahinter, ob jemand vor sich selbst geschützt werden soll oder muss“, meint Weidlich. Solange sich Teilnehmer freiwillig melden, müsse man diesen auch einen Willen zum Exhibitionismus unterstellen. „Wer an einer solchen Show teilnimmt, muss sich im Klaren sein, dass er damit seine Schwächen zur Schau stellt. Im Erfolgsfall kann das dann auch das Selbstbewusstsein des Individuums stärken“, glaubt Weidlich.

ATV geht eigenen Angaben zufolge explizit vorsichtig mit dem Thema um, insbesondere da es sich bei den aktuellen Teilnehmern um Jugendliche handelt. „Wird sind uns unserer Verantwortung bewusst. Deshalb werden auch keine peinlichen Szenen gezeigt“, betont Damms. Der Sender habe großen Respekt davor, dass sich die Kinder öffentlich ihren Problemen stellen. „Wir bemühen uns, in Absprache mit den Kindern die Sendung so zu gestalten, dass nie die Grenze zur voyeuristischen Ausbeutung überschritten wird.“ Das Ziel, die Kandidaten zufrieden zu stellen, hat trotz Quotenflaute letztlich wohl auch ProSieben erreicht. Bei ‚The Biggest Loser‘ versuchten die Teilnehmer mit Nachhaltigkeit ihr Leben zu verändern. Dabei habe der Sender sie neun Monate lang begleitet, sagt Land. „Fast alle sagen: Diese Sendung hat mein Leben wieder lebenswert gemacht.“

Foto: prosieben.de