Fahrbericht: Fiat Grande Punto Natural Power

Fiat gehört in Europa zu den Erdgasauto-Pionieren. Dem 1998 noch Bipower genannten Multipla sind längst der Panda Panda und der nun Natural Power getaufte Fiat Doblò gefolgt. Die Italiener sind mittlerweile die Nummer 1 in Europa, was die Zulassung von Autos mit Erdgas angeht. 250 000 Fahrzeuge mit dem alternativen und umweltschonenden Treibstoff hat Fiat in den vergangenen zehn Jahren verkauft. Jetzt wird auch der Grande Punto mit zwei Zusatztanks angeboten

Basis für den Grande Punto Natural Power 1.4 ist der 57 kW/77 PS starke 1,4-Liter-Vierzylinder. Der Benzinmotor wurde für den Gasbetrieb adaptiert, aber nicht optimiert. Folge und Grund: Der Wagen kann nach wie vor uneingeschränkt mit Superkraftstoff gefahren werden. Das bivalente Konzept hilft vor allem bei der Fahrt zur nächsten Erdgastankstelle, deren Zahl bundsweit zwar inzwischen auf 800 Stück gestiegen ist, aber gerade auf Autobahnen sind sie immer noch relativ selten zu finden. Besitzer monovalenter Fahrzeuge mit für den Erdgasbetrieb optimierten Motoren haben es da schwerer. Ihnen stehen in der Regel lediglich 14 bis 15 Liter Benzin als Reserve zur Verfügung

Angenehmer Nebeneffekt der Bivalenz: Die Reichweite des Grande Punto Natural Power steigt im Normverbrauch auf über 1200 Kilometer. Das reicht für eine Fahrt von Hamburg nach Turin ohne Tankstopp.

Lediglich der hinten etwas aus dem Fahrzeugboden ragende größere der beiden unter dem Auto verbauten Gasbehälter verrät den Natural Power. Ansonsten sieht das Modell aus wie der Benziner. Auch innen sind die Unterschiede nur marginal. Das Display im Cockpit verfügt zusätzlich über eine digitale Tankanzeige für die 18 Kubikmeter (13 Kilogramm) Gasvorrat sowie einen Umschalter in der Mittelkonsole, mit dem zwischen beiden Antriebsarten gewählt werden kann.

Beim Anlassen ist kurz ein Klacken zu hören, weil die modifizierte Einspritzanlage beim Starten immer auf Benzinbetrieb wechselt. Er erleichtert das Zünden des Motors. Außerdem werden dadurch die Ventile sauber gehalten. Das Umschalten auf Gas erfolgt dann kurze Zeit später automatisch und für den Fahrer nicht spürbar. Spürbar ist allerdings der Leistungsunterschied. Der Vortrieb des von Hause aus mit 57 kW/77 PS ohnehin nicht gerade üppig motorisierte Vierzylinder lässt im Gastbetrieb deutlich nach.

Die Papierwerte sprechen eine deutlich Sprache: Für den Sprint von 0 auf 100 km/h benötigt der Grande Punto Natural Power mit Benzin 14,9 Sekunden. Wird mit Erdgas gefahren sind es ganze zwei Sekunden mehr. Das maximale Drehmoment fällt von 115 Newtonmeter auf 104 Nm, und die Höchstgeschwindigkeit sinkt um 6 km/h auf 156 km/h. Wer im Gasmodus vorwärts kommen möchte, muss viel schalten. Unterhalb von 3000 Umdrehungen zieht der Erdgas-Fiat nur schwach an, während im Benzinbetrieb das Achtventil-Triebwerk bereits ab etwa 2000 Umdrehungen etwas munterer wirkt.

Dafür belohnt der Fiat im Alternativbetrieb nicht nur mit einem seidenweichem Motorlauf, sondern bietet vor allem mit geringeren Kraftstoffkosten und einem reineren Umweltgewissen wesentliche Vorteile. Der CO2-Ausstoß sinkt von 149 Gramm pro Kilometer auf mehr als achtbare 115 g/km. Auch in Sachen Kohlenmonoxid, Stickoxide und unverbrannte Kohlenwasserstoffe punktet der Punto Natural Power mit deutlich geringeren Schadstoffwerten. Rußpartikel fallen fast erst gar keine an. Die reinen Kraftstoffkosten liegen nach Fiat-Angaben etwa 45 Prozent unter dem eines vergleichbaren Benziners und rund 20 Prozent unter dem eines Diesels. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 4,5 Kilogramm bzw. 6,4 Kubikmetern lassen sich im Gasbetrieb 100 Kilometer lassen für rund 3,80 Euro zurücklegen.

Zwei Nachteile bringt der Natural Power im Alltag dennoch mit sich: Wegen des hinteren Gastanks sinkt das Kofferraumvolumen von 275 Litern Klassendurchschnitt auf 200 Liter. Das Mehrgewicht drückt die maximal erlaubte Zuladung auf 385 Kilogramm. Damit mutiert der Grande Punto in der Erdgasvariante auch offiziell zum Viersitzer. Dafür verwöhnt der Punto von Hause aus durch eine angenehm weiche Schaltung, eine erfreulich direkt ansprechende Servolenkung mit gut in der Hand liegendem Lenkrad und eine recht komfortable Federung.

Fotos: Auto-Reporter/Fiat