Primarks unrühmliche Bilanz: Fast Fashion verantwortlich für humanitäre und Umweltschäden

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Modediscounters Primark hat die CIR (Christliche Initiative Romero e.V.) die Auswirkungen der Fast Fashion auf Umwelt und Menschen, konkret Arbeiter*innen in sri-lankischen Zulieferfabriken von Primark, untersucht. In ihrem von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW geförderten Dossier Fast Fashion zieht sie eine bittere Bilanz.

„In keiner der untersuchten Fabriken wird der Verhaltenskodex eingehalten, den Primark seinen Herstellern auferlegt. Die Löhne und das Maß an Überstunden sind teils illegal. Und wir haben herausgefunden: Primark und Co. tragen den Hauptteil der Verantwortung dafür mit ihrem Einkaufsverhalten“, fasst Isabell Ullrich, Referentin für Kleidung bei der CIR, zusammen.

80 Stunden Arbeit pro Woche für einen Hungerlohn
Bis zu 80 Stunden pro Woche arbeiteten die befragten Textilarbeiter*innen regelmäßig in den sri-lankischen Fabriken. Maximal 45 reguläre und 12 Überstunden sind für Frauen in Ausnahmefällen erlaubt. Manche erhalten nicht einmal den Mindestlohn von umgerechnet 79 Euro.

Für ein würdiges Leben reicht das nicht im Geringsten – laut der Asia Floor Wage Alliance müsste ein existenzsichernder Lohn in Sri Lanka mindestens 296 Euro betragen. „Ich würde diese Arbeit keinem empfehlen. Unsere Löhne sind so niedrig, wir können nicht einmal genug Lebensmittel kaufen“, berichtet eine der Befragten.

Das Dossier "Fast Fashion - eine Bilanz in 3 Teilen" der CIR illustriert, wie die Fast-Fashion-Industrie Menschen, Klima und Umwelt belastet
Das Dossier „Fast Fashion – eine Bilanz in 3 Teilen“ der CIR illustriert, wie die Fast-Fashion-Industrie Menschen, Klima und Umwelt belastet

Schuld liegt bei Modemarken
„Die Verantwortung der Fast Fashion Marken an diesen Zuständen ist nicht von der Hand zu weisen“, sagt Isabell Ullrich. „Bei der Auswahl der Fabriken schauen Primark und Co. nur auf Preis, Zeit und vielleicht noch Qualität. Die ethischen Ziele, die sie sich groß auf die Fahnen schreiben, spielen beim Einkauf keine Rolle – ganz im Gegenteil.“

Durch das Einkaufsverhalten der Fast-Fashion-Marken entsteht eine kurzfristige und unstetige Auftragslage in den Fabriken und hoher Zeit- und Preisdruck. Dieser wird an die Arbeiter*innen weitergegeben, die dann Überstunden machen und zu einem Hungerlohn arbeiten müssen.

Verheerende globaale Auswirkungen der Modeindustrie
Die schnelllebigen Trends, die dazu führen, dass Shoppen für viele zum wöchentlichen Hobby geworden ist, sind zudem für 35% des Mikroplastiks in den Ozeanen, den Ausstoß von etwa 1.500 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten und 92 Millionen Tonnen Müll jährlich verantwortlich. Knapp die Hälfte aller Arbeiter*innen in der Textilproduktion leiden an arbeitsbedingten Krankheiten.

Fazit
Die Zahlen zeigen, dass sich die Modeindustrie grundlegend ändern muss, um diese humanitären und Umweltschäden in Zukunft zu vermeiden. In der Pflicht sind, so Isabell Ullrich, nicht nur die Verbraucher*innen: „Die Konzerne müssen die Ziele ihrer Nachhaltigkeitsabteilungen auch in ihrer Geschäftstätigkeit umsetzen. Und auch die Politik kann mit einem Sorgfaltspflichtengesetz dazu beitragen, Arbeitsrechtsverletzungen in Zukunft zu verhindern.“

Von Primark, C&A und allen weiteren Auftraggebern der untersuchten Fabriken in Sri Lanka fordert die CIR konkret, dafür zu sorgen, dass die Verstöße gegen Arbeitsrecht und Versammlungsfreiheit sofort eingestellt und existenzsichernde Löhne gezahlt werden. Dafür werden sich die Regionalgruppen der Kampagne für Saubere Kleidung am 13. und 15. Juni vor vielen deutschen Primark-Filialen in öffentlichkeitswirksamen Aktionen einsetzen.

Hintergrund:
Anlass für die Fast Fashion Bilanz ist das 50-jährige Jubiläum des Modediscounters Primark im Juni 1969. Laut der englischen Wikipedia wurde am 13. Juni 1969 die erste Filiale – in Irland damals wie heute unter dem Namen Penneys – eröffnet. Die CIR lies zehn Fabriken in Sri Lanka untersuchen, wovon sechs für Primark und sieben für C&A fertigen, sowie die globalen Auswirkungen der Fast Fashion Industrie insgesamt und ihrer Einkaufspraktiken im Besonderen.

Die Christliche Initiative Romero (CIR) setzt sich seit 1981 für Arbeits- und Menschenrechte ein. Schwerpunkt ist dabei die Unterstützung von Basisbewegungen und Organisationen in Nicaragua, El Salvador, Guatemala und Honduras sowie die Kampagnen- und Bildungsarbeit in Deutschland. Ziel ist es, eine Brücke zwischen Ländern des Südens und Deutschland zu schlagen. Die CIR ist Gründungsmitglied der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC).

Foto / Quelle: „obs/Christliche Initiative Romero/Nikola Berger“ / www.ci-romero.de