Jürgen Klopp nach Haartransplantation

Interview mit der Plastischen Chirurgin Dr. Petra Berger (Frankfurt am Main und Zürich) über Männer mit schütterem Haar und unerschütterlichem Selbstbewusstsein. Frau Dr. Berger, das Bekenntnis von BVB-Trainer Jürgen Klopp zu seiner Haartransplantation hat ein riesiges Medienecho verursacht. Nur der Einzug des BVB Dortmund ins Champions-League-Finale konnte das haarige Thema wieder etwas in den Hintergrund drängen. Sie sind eine ausgewiesene Spezialistin auf dem Gebiet der Schönheitschirurgie – wie erklären Sie sich den Hype um das „Transplantations-Outing“ des Fußballtrainers?

Jürgen Klopp mit Transplantations-Outing

Frau Dr. Berger: In Ihrer Frage steckt gewisser-maßen schon die Antwort. Schönheitsoperationen sind vielfach immer noch ein Tabuthema – besonders wenn es um Männer geht. Da stößt das „Outing“ von Jürgen Klopp natürlich auf besonderes mediales Interesse.

Hinzu kommt, dass Herr Klopp ein absoluter Sympathieträger ist. Wenn so ein selbstbewusst auftretender Mensch eine Schönheits-OP an sich machen lässt, gibt das natürlich auch anderen Männern Anlass, neu über das Thema nachzudenken.

Und offensichtlich hat sich der Aufwand gelohnt. Das Ergebnis im Fall Klopp wirkt jedenfalls überzeugend. Glauben Sie, dass Sie als langjährige Expertin jetzt häufiger Männer beraten werden?

Frau Dr. Berger: Diesen Trend erfahre ich in meiner Praxis schon seit einiger Zeit, aber klar, es könnte jetzt noch mal ein weiter gesteigertes Interesse geben. Was auf jeden Fall zu begrüßen ist, ist die Enttabuisierung von normalen Schönheitsoperationen. Ob die OP in einem konkreten Fall sinnvoll erscheint, finde ich im Beratungsgespräch heraus. Sie ist jedenfalls zunehmend eine Option, da sie mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert wird.

Zumal das Ergebnis mehr oder weniger deutlich zu erkennen ist, sonst bräuchte man ja nichts machen zu lassen. Kommen wir noch mal auf das Kopfhaar des Mannes zu sprechen. Dessen Verlust scheint die Männer doch sehr zu bewegen, oder? Frau Dr. Berger: Ja, natürlich. Schon aufgrund der Tatsache, dass etwa achtzig Prozent der Männer vom Zurückgehen ihres Haarwuchses betroffen sind. Die Anzeichen lassen sich eine Weile kaschieren bis sich irgendwann zwei Alternativen herauskristallisieren: Entweder den Kopf rasieren oder eine Haartrans-plantation angehen.

Ist es für eine Transplantation dann nicht zu spät?
Frau Dr. Berger: Nein. Der verbleibende Haarkranz bietet meist noch viele gesunde Haarwurzeln, die entnommen und an anderen Stellen wieder eingesetzt werden können. Es kommen also keine neuen Haare hinzu, die vorhandenen werden nur neu verteilt. Das Bemerkenswerte daran: Die „umgepflanzten“ Haare wachsen an der neuen Stelle genau so gut wie vorher am Hinterkopf, da diese nicht so anfällig gegen das Testosteron des Mannes sind. Das ist nämlich der eigentliche Grund für spärlichen Haarwuchs.

Welche Methoden der Haartransplantation gibt es?
Frau Dr. Berger: Zum einen können die Haare einzeln entnommen und an den gewünschten Stellen wieder eingesetzt werden. Diese sogenannte FUE-Technik ist allerdings sehr zeitaufwendig und teurer als Methode zwei, die Streifentechnik. Bei ihr werden viele zusammenhängende Haarfollikel am Hinterkopf entnommen und dann vereinzelt. Anschließend werden sie an anderer Stelle wieder eingepflanzt. Ganz neu ist eine dritte Methode, die wir gerade in einer Kooperation mit der Universität Tokio weiter-entwickeln. Dabei können wir auf einen chirurgischen Eingriff verzichten, weil wir mit Injektionen arbeiten.

Was steckt genau dahinter?
Frau Dr. Berger: Wir verwenden Stammzellen, die wir zu Haarvorläuferzellen umprogrammieren und anreichern. Die entstandenen körpereigenen Zellen werden dann in einer kurzen ambulanten Behandlung in die Kopfhaut injiziert. Von dieser Technologie verspreche ich mir einen echten Quantensprung.

Das klingt sehr futuristisch
Frau Dr. Berger: Mag sein, mir ist es aber wichtig, alle innovativen Ansätze zu kennen und zu verfolgen. Nur so kann ich meine Patienten umfassend beraten.

Kommen wir zurück in die Gegenwart
Uns interessiert noch Ihre Meinung zu der Motivation, die Jürgen Klopp zu seiner Haartransplantation veranlasst hat.

Frau Dr. Berger: Das weiß ich nicht, ich möchte auch nicht über seine Beweggründe spekulieren. So viel kann ich Ihnen aber sagen: Er hat durch den unverkrampften Umgang mit seiner Schönheits-OP vielen Männern in ähnlicher Lage einen großen Dienst erwiesen. Aber auch den Frauen.

Wie das?
Frau Dr. Berger: Nun, jahrelang war es fast schon ein Naturgesetz, dass sich die Frauen für die Männer gepflegt und attraktiv gehalten haben. Das scheint nun keine Einbahnstraße mehr zu sein. Das wird spannend sein zu beobachten. Wir danken Ihnen sehr für dieses Gespräch, Frau Dr. Berger.

Foto / Quelle: Wikimedia Commons – Axel Schwenke  Meschede – Lizenz: creativecommons.org / Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Frankfurt, praxis-berger.com