Klima, Lügen und Karriere: Linda Zervakis im Interview

Linda Zervakis: Die TV-Moderatorin und Journalistin gibt nach dem Wechsel von ARD zu PRO7 ihr erstes großes Interview in der Zeitschrift Max, dem Magazin für Lebensästhetik. Die Hamburgerin spricht erstmals über ihr neues berufliches Leben, Veränderungen, das Konzept ihres PRO7-Formates.

Weiterhin über den Abschied von der Tagesschau und über gesellschaftliche Herausforderungen wie den Klimawandel, Corona usw. Für die Titelgeschichte von MAX ließ sich die ehemalige Tagesschau-Sprecherin von Axel Martens ungewöhnlich in Szene setzen.

Über Klimawandel und Verantwortung:

„Der Klimawandel ist ein richtiges Brett. Und man merkt auch, dass bei einem Großteil der Bevölkerung die Warnungen noch nicht angekommen sind. Wenn ich nur sehe, wie viele Autos jeden Morgen im Stau stehen, fühle ich eine Ohnmacht.

Ich glaube, wir denken zu kurzfristig, weil Wirtschaft und Kommerz immer noch an erster Stelle kommen. Menschen werden sich erst verändern, wenn es gesetzliche Regelungen gibt. Vermutlich können Menschen erst durch Strafen erreicht werden.

Über Proteste gegen Coronaregeln und Querdenker:

„Der Rechtsruck und die ‚Querdenker‘ machen mir große Sorgen. Vermutlich gab es viele davon früher auch schon, aber sie konnten sich nicht so schnell connecten. Dass so viele Menschen auf der Straße sind, die glauben, Corona sei eine Erfindung aus China, das macht mir Angst.

Zumal die Informationen von vermeintlich journalistisch aufgebauten Seiten stammen, auf denen nur Quatsch steht und nichts recherchiert wird.“

Der neue MAX-Titel
Der neue MAX-Titel jetzt am Kiosk / © MAX Magazin Deutschland / Fotograf: MAX Magazin Deutschland

Über Lügenpresse:

„Wir sind weit weg von amerikanischen Zuständen. Die meisten unserer Medien versuchen, faktenreich und ausgewogen zu informieren. Leider gibt es einige Spinner, die den Begriff Lügenpresse durch die digitalen Kanäle verbreiten

und immer mehr verunsicherte User damit infiltrieren. Aber bitte, warum sollten wir lügen, wenn die Fakten da sind? Man muss aber leider sagen, dass die andere Gruppe taktisch gut unterwegs ist.“

Über journalistische Aufklärung:

„Aufklärung kann es nicht genug geben. Wir schauen hin, recherchieren, lassen Meinungen zu, dass macht doch auch unsere Demokratie aus, die ich bei der zunehmenden Spaltung aber gefährdet sehe.“

Über Ihre neue Sendung auf PRO7:

„Ich bin nicht mehr nur im Studio, sondern begleite Menschen auch in ihrem Alltag. Dabei sind wir mit den Zuschauer:innen im Kontakt, die in der ProSieben-App über Umfragen, Abstimmung und Kommentare live mitmachen können.

Die Kontaktlosigkeit, die ich also früher hatte, ändert sich komplett. Ich kann rausgehen, mit Leuten arbeiten, das finde ich schön. Wir versuchen, die Zuschauer:innen in unsere Themenaufbereitung mit einzubeziehen.

Wir wollen aktuelle, gesellschaftliche, politische und unterhaltsame Ereignisse anhand von Menschen erzählen. Partizipation ist das eine. Das andere ist die Sprache. Wir versuchen, komplizierte Sachverhalte so einfach und verständlich wie möglich darzustellen. Das ist nicht so einfach, wie es klingt.“

Ihr Abschied von der Tagesschau:

„Am Anfang habe ich mich gefragt, warum ich das alles aufgeben sollte. Die „Tagesschau“ hat ein wahnsinnig hohes Ansehen. Ich lasse auf sie überhaupt nichts kommen. Sehr nette und kompetente Kolleg:innen, deren Nachrichtensprecherin ich war. Ich hatte mir aber immer wieder eine weitere journalistische Austobfläche gewünscht.“

Ihre Vision von einer besseren Welt?

„Wir brauchen Alternativen zu Plastik, uns muss klar werden, wie wir umweltschonender reisen können, welche Alternativen es zum herkömmlichen Fliegen gibt … Die Veränderung wird aber nicht freiwillig kommen, sondern muss gesetzlich geregelt werden.

Aber als Journalistin kann ich einen sinnvollen Beitrag leisten. Wir sollen nicht anklagen, sondern immer wieder Menschen zeigen, die sich mit Lösungen unserer Problemagenda beschäftigen und Hoffnung auf eine gute Zukunft erwecken.“

Fotos / Quelle: max-magazin.de