Männer, Mode und Strickpullis

Ich gehöre auch zu den Männer, die zu viel arbeiten, sich ungern von alten liebgewonnenen Kleidungsstücken trennen und nicht die GQ abonniert haben. Das für sich allein genommen, ist an sich nicht strafbar. Jedenfalls nicht im rechtlichen Sinne. Kann aber unangenehme Auswirkungen auf den häuslichen Frieden haben, wenn ich ab und zu so die Kommentare meiner Freundin höre. Männer und Mode, das passt nicht immer. In unserer Zeit, wo nur der Wandel beständig scheint und die Mode mit ständige Trends stresst, braucht Mann auch mal Klamotten, die einen ein längeres Stück des Weges begleiten oder tragen.

Am letzten Wochenende kämpften wir uns ganz erfolgreich durch das Einkaufszentrum unserer Wahl. Es war an dem Samstag Nachmittag schon dermaßen viel los, dass ich dachte wir befänden uns nur noch wenige Stunden von Heiligabend entfernt. Meine Freundin kaufte zwei paar Schuhe und ich wurde stolzer Besitzer einer neuen Winterjacke, inkl. Kapuze mit Fellbesatz, eines nicht ganz so teuren Designers. So weit so gut. Das war auch für mich ok.

Der Winter kann kommen

Als sie dann aber mit besorgtem Blick meine schöne und sehr kuscheligwarme Strickjacke mustert, die zwar ohne Muster, aber zugegebenermaßen schon etwas betagt daher kommt, gehe ich instinktiv in mentale Abwehrstellung. Im Grunde hat sie recht, denn warm und wollig trage ich auch sehr gerne. Ich bin für einen Mann in den besten Jahren gut in Form und recht schlank, daher etwas kälteempfindlich.

Dicke frieren weniger. Ist einfach so. Aber zu meiner Erleichterung kommt es nicht zum Äussersten. Sie meint nur trocken, dass es sowas tatsächlich auch ohne Reissverschluss gibt. Ich schaue wohl etwas dusselig drein, sie grinst und meint, ich hätte ja noch was gut, vom letzten Geburtstagsumtausch, was ich denn generell so von gestrickten Pullis für den Winter halten würden. Eine ganze Menge, sage ich.

Gut, meint sie, dann schauen wir nachher noch mal online, ich will auch noch was warmes zum Drunterziehen haben. Ich hab da was entdeckt, einen ganz coolen Shop, sind auch jede Menge schöne Strickpullis für Frauen am Start. Damit bin ich mehr als einverstanden. Das bedeutet schließlich auch, dass der hektische Nachmittag des Konsumrausches im Einkaufszentrum in absehbarer Zeit ein Ende hat.

Das ist ja mal was, gemeinsames shoppen mit der Freundin, online! Das ist doch was für uns Männer. Ich besitze noch ein paar schöne alte Strickpullover. Erfreulicherweise sind die Teile nicht so sehr den sich ständig ändernden Modetrends unterworfen. Ein schöner dicker Strickpulli, gerne mit Rollkragen, geht im Winter naturgemäß fast immer und ist gut zu kombinieren. Nicht dass sie noch auf die Idee kommt, heimlich das Rote Kreuz mit meinen wolligen Sammlerstücken zu erfreuen.

Das erinnert mich an eine kleine Anekdote aus Teenager-, oder besser gesagt Twen-Tagen, als mein alter Herr zu meinem blanken Entsetzen hart durchgriff und meine edlen Sendra-Piken heimlich im Hausmüll unter Kaffesatz und Eierschalen (Meine Ma Hatte gerade lecker Kuchen gebacken) verschwinden ließ. Es war ziemlich eklig bis recht schwierig die frischen Eigelbreste aus den Nähten der verzierten Stiefelschäfte zu bekommen, aber dann sahen die Botten wieder „so gut“ aus wie vor dem Ausflug in die Tonne. Stiller Triumph beim Nachwuchs. Resignation auf Seite der Altvorderen. Von da an betrat mein Vater mein Zimmer nur noch in absoluten Notfällen. Die Kleiderschränke, mit diversen „Pet of the Year“ und anderen hochwertigen Jungmänner-Exposes verziert, blieben von nun an gänzlich unangetastet.

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