Jana Crämer: „Unser Körper hat verdient, dass wir ihn liebhaben.“

Sie ist mehrfache Buchautorin, Social Media Star, Musikmanagerin und bekennende Mutmacherin: Jana Crämer hat viele Facetten! Noch vor wenigen Jahren wog sie 180 Kilo, nahm dann 100 Kilo ab und ihr Leben in die Hand. Vom Mobbingopfer wurde sie zu einem Vorbild für Tausende von Menschen.

Seit Veröffentlichung ihres Romans „Das Mädchen aus der 1. Reihe“ im Jahr 2015 tritt Jana Crämer mit dem Musiker und besten Freund Batomae im Rahmen von Konzertlesungen in Schulen auf. Auf diesen klärt sie über die Folgen von Mobbing und Essstörungen auf. In ihrem aktuellen Buch „Jana, 39, ungeküsst“ setzt sie sich unter anderem erstmalig mit ihrer Erkrankung Lip- und Lymphödem auseinander.

Als Gesicht der aktuellen Design-Kampagne des Herstellers von Medizinprodukten medi möchte sie anderen Betroffenen Mut machen und inspirieren, zu sich selbst zu stehen. Ein Interview über Authentizität und Empowerment.

Liebe Frau Crämer, bereits Ihr erster Roman hatte autobiographische Züge. Haben Sie mit Ihrem aktuellen Buch Ihre Vergangenheit psychisch aufgearbeitet?

„In erster Linie wollte ich anderen Menschen, denen es ähnlich ging, helfen. Nach Jahren, in denen ich hoffnungslos traurig und nicht im Reinen mit mir war, hatte ich mich endlich in meinem Leben gefunden – ich war rundum zufrieden und glücklich. Ich hatte das Beste aus den Erfahrungen der Vergangenheit gemacht und wollte meine Geschichte teilen, um anderen Mut zu machen.

Als ich mit dem Schreiben von ,Jana, 39, ungeküsst‘ angefangen hatte, habe ich nicht damit gerechnet, dass mich der Prozess so an meine Grenzen bringen würde.

Schreiben war zwar immer eine Form der Therapie, aber sich fallen zu lassen und manche Situationen mit vielen Jahren Abstand noch einmal zu durchleben, war belastend und befreiend zugleich. Vor allem die Auseinandersetzung mit meinem jüngeren Ich in Schlüsselmomenten meines Lebens ging an die Substanz.“

Sie beziehen sich damit auf die Szenen, in denen Sie Ihrem jüngeren Ich den „Reality-Check“ geben, den Sie damals gebraucht hätten?

„Genau! Ich habe die schlimmsten Situationen meines Lebens genommen, an die ich mich erinnern konnte. Indem ich sie aufgeschrieben und mich mit ihnen auseinandergesetzt habe, konnte ich damit Frieden schließen. Wenn ich heute daran zurückdenke, fühle ich mich nicht mehr traurig oder verletzt – ich bin dankbar, all das erlebt zu haben.

Sonst wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin, und könnte nicht anderen Menschen Mut schenken. Ich sehe das als Privileg! Ich musste diesen Prozess durchlaufen, um eine positive Perspektive auf Dinge einnehmen zu können. Weg von der Negativität, hin zu einer konstruktiveren, hoffnungsvollen Denkweise und Haltung!“

Sind Sie ebenso positiv mit der Diagnose Lip- und Lymphödem umgegangen, als Sie sie im Jahr 2020 erhalten haben?

„Ehrlich gesagt nein! Im ersten Augenblick ist meine Welt zusammengebrochen. Ich hatte zwar vor der Diagnose immer wieder Kommentare von Followern bekommen, die darauf hingewiesen haben, dass ich Lip- und Lymphödem haben könnte und mich untersuchen lassen sollte. Aber ich war überzeugt, einfach nur nicht gesund und normal essen zu können.

Insbesondere ein Auftritt bei einer Lip- und Lymphödem-Veranstaltung 2015 ist mir im Gedächtnis geblieben. Mein bester Freund Batomae und ich waren zum Thema ,Essstörung‘ im Rahmen einer Konzertlesung eingeladen.

Vor unserem Auftritt hat eine junge Frau über ihre Erkrankung berichtet – das hat mich so berührt und mitgenommen, dass ich weinend aus dem Saal gelaufen bin. Ich dachte ,Was, wenn ich das auch habe? Wie sollte ich mit einer chronischen Krankheit umgehen, die nur therapier-, aber nicht heilbar ist?‘ Deshalb habe ich die Prognose weit von mir geschoben.“

Wie haben Sie die Diagnose dann doch bekommen?

„Zu meinen Höchstzeiten habe ich 180 Kilo gewogen. Ich war total isoliert – und wenn ich in der Öffentlichkeit war, habe ich Salat gegessen, um nicht den Anschein zu erwecken, eine Essstörung zu haben. Erst als ich mich meinem Freund Batomae per E-Mail anvertraut hatte, konnte ich offen darüber reden und mich intensiver damit auseinandersetzen.

Im Zuge dessen habe ich rund 100 Kilo abgenommen – allerdings kaum an den Beinen. Da habe ich mir die wiederkehrenden Kommentare der Community zu Herzen genommen und von meinem Hausarzt eine Überweisung zur Phlebologin bekommen. Ihre Diagnose war eindeutig: Lip- und Lymphödem.

Sie hat mir manuelle Lymphdrainage und medizinische Kompressionsstrümpfe verschrieben. Ich war völlig perplex und habe sofort Batomae angerufen. Er meinte nur: ,Und? Du bist deswegen kein anderer Mensch. Es hat sich nichts geändert, außer, dass du Klarheit hast. Jetzt weißt du, welche Therapiemöglichkeiten es gibt und was du tun kannst, damit es dir besser geht.‘ Und er hatte Recht!“

War das der Wendepunkt, ab dem Sie souverän mit Ihrer Erkrankung umgehen konnten?

„Ja! Einige Wochen später war ich auf einer Feier, wo ich auf meine neue flachgestrickte medizinische Kompressionsstrumpfhose angesprochen wurde: Ob ich kranke Beine hätte. Ich habe kurz geschluckt und bin dann deutlich geworden: ,Nein, das sind keine kranken Beine – meine Beine haben eine Krankheit!‘

Jana Crämer in der Stadt
Jana Crämer setzt sich für Selbstliebe ein / medi GmbH & Co. KG – Fotograf: Bernd Opitz

Es war das erste Mal, dass ich meinen Körper verteidigt und Partei für ihn ergriffen habe – ein unglaublich schöner und einschneidender Moment für mich! Ich lasse niemanden ein schlechtes Wort sagen über meinen Körper, meine Dehnungsstreifen, meine Haut oder meine Fettschürze. Außer im Internet, da ist es mir egal. Aber wenn mir jemand gegenübersteht, muss er mit meiner Reaktion klarkommen.“

Seitdem versuchen Sie, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und zum Thema Lip- und Lymphödem aufzuklären?

„Es ist mir ein großes Anliegen! Ich werde nicht müde, darüber zu sprechen, Fragen zu beantworten und mit Vorurteilen aufzuräumen. Leider sind die Diagnosen Lip- und Lymphödem immer noch nicht bekannt genug – das Bewusstsein in der Öffentlichkeit und auch bei Medizinern muss geschärft werden.

Ich habe großes Glück, eine tolle umfassende Beratung in meinem Sanitätshaus zu erhalten und an vielen Stellen Hilfe zu finden. Mir war anfangs beispielsweise nicht bewusst, wie wichtig die richtige Hautpflege ist – und habe das komplett schleifen lassen. Meine Haut war sehr trocken und durch das Tragen meiner medizinischen Kompression beansprucht.

Damit sie geschmeidig und gesund bleibt, benutze ich heute spezielle Sprays und Cremes, die die Haut mit wertvollen Inhaltsstoffen versorgen. Über eine gute Beratung im Sanitätshaus hinaus sind der Zusammenhalt und Austausch in der Community wertvoll.

Mittlerweile werde ich sogar von Followern angesprochen, die keine Erkrankung haben, wo sie die coolen ,Strumpfhosen‘ kaufen können. Wenn ich dann erkläre, dass es individuell angefertigte medizinische Kompressionsstrumpfhosen sind, reagieren die meisten überrascht.“

Oft tragen Sie Ihre Flachstrickversorgung nur mit einem Oberteil. Weshalb verzichten Sie auf Rock oder Hose?

„Warum sollte ich über eine Hose noch eine Hose ziehen? Ich bin da ziemlich pragmatisch. Meine flachgestrickten medizinischen Kompressionsstrumpfhosen von medi sind blickdicht, ähnlich wie Leggings. Und mit der neuen seitlichen Naht, die seit Oktober alternativ zur hinteren Naht bestellbar ist, sieht niemand mehr, dass es sich um ein medizinisches Hilfsmittel handelt.

Und selbst wenn, wen interessiert es?! Sie sehen total schick aus! Die Farben und Muster lassen sich vielseitig mit meiner Alltagsgarderobe stylen und machen gute Laune.

Und das Beste: Seitdem ich meine medizinische Kompression trage, habe ich spürbar weniger Schmerzen. Auch die Kniefunktionszone, die mir meine Fachkraft im Sanitätshaus empfohlen hat, ist großartig! Ich kann mich dadurch flexibler bewegen und meine medizinische Kompression ist angenehmer zu tragen – super praktisch, da ich viel auf Reisen und in Bewegung bin.“

Sie sind dieses Jahr auch das erste Mal eines der Gesichter der mediven Design-Kampagne. Weshalb haben Sie sich für medi entschieden?

„Ich gehe nur sehr wenige Kooperationen ein. Ich bin keine klassische Influencerin – bei mir darf niemand Rabatt-Codes erwarten oder Werbung für Produkte und Unternehmen, hinter denen ich nicht 100-prozentig stehe! Mir ist wichtig, vom Produkt und Unternehmen absolut überzeugt und Fan zu sein!

Aber die besten Produkte bringen nichts, wenn die Mitarbeitenden nicht dahinterstehen und die Botschaft, die das Unternehmen nach außen vertritt, nicht gelebt wird. Das hat mich bei medi überzeugt! Angefangen vom ersten Kontakt mit den Produkt Marketing Verantwortlichen, die mich für die Kampagne angefragt haben, über die Betriebsführung bis hin zum Shooting der Kampagne.

Man merkt, wie enthusiastisch alle bei der Arbeit sind und sich bemühen, die Produkte für uns Anwender besser zu machen. Jeder steht hinter dem Marketingversprechen ,Ich fühl mich besser‘ und leistet seinen Beitrag daran, dies praktisch umzusetzen – zum Wohl für uns Patienten! Ich kann bestätigen: Ich fühle mich besser mit und in medi Produkten!“

Das Kampagnen-Motto lautet „Gemeinsam einzigartig“ – inwiefern spiegelt die mediven Kampagne Sie wider?

„Die mediven Farbvielfalt steht für Lebensfreude, individuelle Entfaltungsmöglichkeiten und gelebte Gemeinschaft – darin finde ich mich umfassend wieder und kann die Botschaft komplett unterschreiben! Es ist wichtig, für sich selbstbewusst einzustehen und zugleich den Zusammenhalt in der Community zu feiern.

Für mich ist es immer ein schönes Gefühl, andere Betroffene in medi Produkten zu sehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Man hat automatisch einen gemeinsamen Nenner! Es ist vergleichbar mit dem Tragen von Band Shirts: Es ist gleichzeitig Erkennungszeichen und zeigt die Liebe für ein Thema – das verbindet.“

Welche mediven Farben mögen Sie besonders gerne?

„Die zwei neuen Trendfarben Salbeigrün und Flieder sind leicht zu kombinieren und lassen sich ruckzuck in die bestehende Garderobe integrieren. Man kann damit zurückhaltende Looks mit neutralen Beige- oder Weißtönen kombinieren oder aufregende Outfits kreieren mit knalligeren Tönen wie einem leuchtendem Orange oder Pink.

Ich persönlich bin auch großer Fan der Farbe Magenta, die bei Flachstrickversorgungen jetzt ins Standard-Sortiment übergegangen ist.

Bei meiner Buchpremiere in Berlin habe ich mich passend zu meinem Buchcover für eine medizinische Kompressionsstrumpfhose in Magenta entschieden. Plus wage ich mich durch das Kampagnen-Shooting in Hamburg nun auch öfter an Kleider, die ich vorher gar nicht getragen habe.

Ich war überrascht, wie gut sie mir standen und wie wohl ich mich darin fühlte. Sicherlich hat auch das Ambiente und die gute Stimmung am Set dazu beigetragen, meine Komfortzone zu verlassen und Neues auszuprobieren. Ich bin ein fröhlicher, positiver Mensch – und das soll sich auch in meiner Kleidung widerspiegeln!“

Als abschließenden Tipp: Was raten Sie anderen Betroffenen?

„Schämt euch nicht und schließt Frieden mit euren Erkrankungen! Es gibt nichts zu verstecken! Ihr seid großartig, so wie ihr seid! Geht gut mit euch sowie eurem Körper um und gebt nichts auf die Meinung anderer! Seid dankbar für die kleinen Dinge im Leben!

Es erfüllt mich immer wieder mit Demut und Freude, wenn ich beispielsweise die Sonnenstrahlen nach einem Gewitter sehe, wie sie langsam durch die Wolkendecke brechen. Oder die Schönheit und Ruhe der Natur bei einem Waldspaziergang.

Wir müssen uns vor nichts und niemandem rechtfertigen oder irgendwelchen Erwartungen entsprechen. Wir dürfen bedingungslos glücklich mit uns und für uns selbst sein!“

Herzlichen Dank für das offene, ehrliche Interview und die Einblicke in Ihre Geschichte!

Quelle / Fotos: medi.de