Vor Gericht spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle
|Es gibt inzwischen zahlreiche Fälle, in denen sich die Rechtsprechung mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen muss. Das hat nicht zuletzt mit der steigenden Zahl der Ladesäulen für Elektromobile und mit der wachsenden Nutzung der Solarenergie zu tun. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt in seiner Extra-Ausgabe einige Urteile dazu vor.
Bei aller politischen Unterstützung der E-Mobilität müssen dennoch gewisse Vorschriften eingehalten werden. So entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 12 K 540/21.F), dass eine Straßenbaubehörde die Erteilung einer Sondererlaubnis zur Verlegung eines Ladekabels für ein Elektrofahrzeug verweigern kann, wenn dieses über den Bürgersteig verlegt werden soll. Das könne sich nämlich für Gehbehinderte als höchst gefährlich erweisen.
Von Photovoltaikanlagen geht gelegentlich eine Blendwirkung auf Nachbargrundstücke aus. Fällt diese Störung so aus, dass die Nutzung des benachbarten Anwesens wesentlich beeinträchtigt wird, dann kann der Nachbar eine Beseitigung bzw. eine Neuausrichtung der Module durchsetzen. So entschied es das Landgericht Frankenthal (Aktenzeichen 9 O 67/21) angesichts von Betroffenen, die auf ihrer Terrasse massiv geblendet wurden und deren Sehfähigkeit deswegen zeitweise eingeschränkt war.
Besitzer einer auf dem Dach angebrachten Photovoltaikanlage können keinen Anspruch darauf geltend machen, dass dieses Objekt für immer von Verschattungen durch Neubauten in der Nachbarschaft verschont wird. Vor dem Oberverwaltungsgericht NRW (Aktenzeichen 7 B 1616/20) wurde genau diese Fallkonstellation diskutiert. Die Richter stellten fest, dass das beanstandete Bauvorhaben die landesrechtlichen Abstandsflächen einhalte und damit nicht zu beanstanden sei.
Wenn auf öffentlichen Straßenflächen Ladesäulen für Elektrofahrzeuge errichtet werden sollen, so benötigt der Straßenbaulastträger dafür grundsätzlich keine Baugenehmigung. Im konkreten Fall hatte ein Anwohner moniert, dass die vier Parkplätze vor seinem Grundstück zum Aufladen von Elektroautos dienen sollten und es damit keine „allgemeinen“ Parkmöglichkeiten mehr gebe. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Aktenzeichen 8 CE 18.1071) ordnete den erwünschten Baustopp jedoch nicht an.
Es ist sicher nicht im Sinne der Nachhaltigkeit, Automotoren im Stehen über längere Zeit laufen zu lassen. Genau darum ging es in einem Zivilstreit vor dem Landgericht Berlin (Aktenzeichen 67 S 44/22). Das Gericht ordnete an, dass ein PKW mit Startproblemen in einer Tiefgarage nach erfolgreicher Starthilfe oder höchstens 90 Sekunden nach Zündung des Motors die Garage verlassen müsse.
Manchmal kommt der Naturschutz mit seinen Bedenken zu spät. So war es in einem Fall, den das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Aktenzeichen 4 ME 104/20) verhandelte. Ein Bauherr verfügte bereits über eine Baugenehmigung, als eine naturschutzrechtliche Unterlassungsverfügung gegen das Projekt erging. Die Justiz vertrat aber die Meinung, dass es sich bei der Baugenehmigung um eine umfassende öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung handle. Und die gelte abschließend.
Ein einzelner Mieter kann es nicht erzwingen, dass ihm innerhalb der Tiefgarage einer Wohnanlage der Einbau einer Ladesäule durch einen selbstgewählten Anbieter gestattet wird. Der Betroffene wollte dies auf eigene Kosten regeln und seinen Stellplatz so für sein Hybridfahrzeug ertüchtigen. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 416 C 6002/21) wies auf den städtischen Versorger hin, der für viele interessierte Mieter in einheitlicher Form Ladesäulen anbringen und dabei garantieren könne, dass es zu keinen Überlastungen des Systems komme.
Quelle / Foto: www.dsgv.de, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen