Wie kommt man mit dem E-Auto wirklich an sein Ziel?
|Autos mit Elektro-Antrieb liegen im Trend: Alleine im Februar 2022 gab es nach Angaben des ADAC rund 50 Prozent mehr Neuzulassungen als im Februar des Vorjahres. Und spätestens seit der Eröffnung der Tesla-Gigafactory in Grünheide bei Berlin ist klar, dass sich daran wohl künftig auch nichts ändern wird.
Zwar ist der Marktanteil von E-Autos mit etwas über 1 Prozent weiterhin gering, die Tendenz ist jedoch stark steigend. Mit mehr und mehr Elektro-Autos auf den Straßen werden diese auch als Verkehrsmittel für die Fahrt in den Urlaub für mehr Menschen relevant: Laut einer repräsentativen GfK-Umfrage im Auftrag der Deutschen Automobil Treuhand können sich rund 41 Prozent der Deutschen generell vorstellen, damit in den Sommerurlaub zu fahren.
Über die Landesgrenzen hinweg zu verreisen, „trauen“ sich hingegen nur 18 Prozent. Und tatsächlich will die erste Reise mit vollelektrischem Gefährt gut geplant sein. Die Ergo Reiseversicherung gibt mit ihrer Expertin Birgit Dreyer Tipps, damit der Urlaub mit dem E-Auto reibungslos gelingt.
Die Wahl des Ziels
So verlockend Südeuropa für einen Sommerurlaub auch ist: Wer mit dem E-Auto unterwegs ist, ist unter Umständen weiter nördlich besser aufgehoben. Man sollte sich vor der Abreise auf alle Fälle genau anschauen, wie es um die öffentliche Ladesäulen-Infrastruktur im Zielland bestellt ist. Denn diese unterscheidet sich innerhalb Europas extrem.
„Rund 71 Prozent aller Ladestationen in Europa verteilen sich auf nur fünf Länder“, erklärt Birgit Dreyer. „An der Spitze stehen mit großem Abstand die Niederlande mit rund 82.000 Ladestationen, darauf folgen Deutschland (47.076), Frankreich (45.990), das Vereinigte Königreich (33.832) und Norwegen (19.119)“.
Weit abgeschlagen sind beliebte Sommerdestinationen wie Spanien mit 8.500 Ladestationen und Italien, wo rund 6.400 Stationen zur Verfügung stehen. Hier versprechen lokale Anbieter aber zumindest Besserung: So will etwa der italienische Energieversorger Enel X das Schnelllade-Netz an den Fernstraßen im Land schnell ausbauen:
14.000 Stationen sollen es bis Ende 2022 werden. Einen weiteren Vorteil hat die Wahl eines skandinavischen Ziels übrigens: Elektro- und Wasserstoff-Fahrzeuge zahlen etwa in Norwegen deutlich weniger Maut, E-Camper über 3,5 Tonnen sind vollständig von der Mautpflicht befreit.
Entspannt am Zielort ankommen
Während man sich bei einer Urlaubsfahrt mit einem klassischen Verbrenner-Motor zumeist keine Sorgen machen muss, auf dem Weg eine Tankstelle zu finden, empfiehlt es sich beim E-Auto dringend, Ladestopps bereits vor der Abfahrt zu definieren. „E-Autofahrer sollten sich hierbei auch nicht nur auf ihr Auto-Navi verlassen.
Apps wie ‚A Better Routplanner‘, ‚Chargemap‘ oder ‚Moovility‘ sind speziell für Elektro-Autos konzipiert, bieten Routen- und Ladeplanung in einem und kennen häufig weit mehr Ladestationen als die Onboard-Navigation“, erläutert Ergo-Reiseexpertin Birgit Dreyer. Innerhalb Deutschlands bietet das Standort-Tool der Bundesnetzagentur einen guten Überblick.
Wer eine weite Anreise hat, sollte zudem prüfen, ob es sich bei den ausgewählten Stationen um klassische Ladesäulen oder Schnellladesäulen handelt, damit sich die Fahrtzeit nicht erheblich verlängert. Je nach Autotyp dauert die Ladung im ersten Fall nämlich rund zwei bis vier Stunden, während man an einer Schnellladesäule nur rund 30 Minuten veranschlagen muss.
Zum Vergleich: An der heimischen Steckdose dauert es mit rund zehn Stunden Ladezeit noch einmal deutlich länger. „E-Autofahrer sollten sich zudem vorab unbedingt darüber informieren, ob ihr Fahrzeug für die Schnellladung ausgestattet ist oder lediglich die technische Voraussetzung dafür besitzt und nachgerüstet werden muss“, ergänzt Birgit Dreyer. Für den Notfall sollte zudem immer auch eine mobile Ladestation im Reisegepäck sein.
Laden vor Ort: Lade- oder Kreditkarte?
Vermutlich jeder E-Autofahrer kennt ihn: Den undurchsichtigen Ladekarten-Dschungel. Ob physische Karten oder App: Alleine in Deutschland gibt es rund 200 Anbieter – Tendenz steigend – und damit ebenso viele unterschiedliche Tarifoptionen für die Ladung. Bei der Wahl des Ladekarten-Anbieters lohnt sich ein Blick auf das Partner-Netzwerk desselben:
Je Anbieter reicht dann nämlich in einigen Fällen eine einzige Karte aus, um Zugang zu nahezu allen öffentlichen Ladestationen in Europa zu erhalten. „Grundsätzlich ist das Laden im Ausland teils deutlich günstiger als hierzulande“, konstatiert Birgit Dreyer. „Unerwünschte Gebühren können jedoch auch im Ausland lauern:
Einige Ladekarten-Anbieter berechnen ihren Nutzern sogenannte ‚Roaming-Gebühren‘ – ganz ähnlich wie bis vor einigen Jahren noch im Mobilfunknetz.“ In diesen Fällen sollten E-Autofahrer lieber zu ihrer Kreditkarte greifen und so die teuren Gebühren sparen.
Strom ist nicht gleich Strom
Sich auf dem Campingplatz oder im Ferienhaus an einer Außensteckdose bedienen und damit das Elektro-Auto laden klingt verlockend, kann aber durchaus für Verstimmung beim Platzbetreiber oder Vermieter sorgen: Denn die dort üblichen CEE-Anschlüsse sind eigentlich nur für die Bordversorgung des Campers, Wohnmobils oder Caravans bzw. die Heckenschere oder den Rasenmäher gedacht.
Nicht aber für große 100-KWh-Akkus beispielsweise eines Teslas oder Mercedes EQV. „Besonders in dörflichen Gebieten in Südeuropa ist das Stromnetz teilweise in die Jahre gekommen, fragil und kann bei Überlastung schnell zusammenbrechen“, weiß Birgit Dreyer. Besonderer Hinweis auch für die Tesla-Fahrer:
Während europäische Tesla-Modelle problemlos an den Tesla-eigenen Superchargern oder einer klassischen Ladesäule im Ausland geladen werden können, gilt das nicht für selbst importierte US-Modelle, da dort ein komplett anderes Stecker- bzw. Anschlusssystem genutzt wird. Da neben einer Fahrzeug-Panne auf Reisen natürlich auch immer ein Unfall oder sonstige gesundheitliche Probleme auftreten können, sollten Urlauber auch an den Abschluss einer Auslandskrankenversicherung denken.
Quelle / Fotos: ergo-reiseversicherung.de / © pixabay.com