Hummer bringt Emotionen in Wallung

Legendär geworden sind die großen Hummer-Geländewagen des US-Automobil-Herstellers General Motors durch den Schauspieler und Politiker Arnold Schwarzenegger. Die Konsumforscher Marius K. Luedicke, Craig Thompson und Markus Giesler haben nun wissen wollen, wie sich die amerikanische Hummer-Fahrer angesichts der aktuellen Klimaschutz Diskussion fühlen. Im Fachmagazin Journal of Consumer Research kommen sie zum Ergebnis, dass die Eigentümer der riesigen Geländewagen sich als Verteidiger der amerikanischen Nationalidentität verstehen und auf dieser Basis die aktuellen Klimaschutz Kampagnen kritisieren.

„Auch in den USA gibt es Stimmen, die die Fahrer großer Geländewagen als egoistische Umweltsünder bezeichnen“, so Luedicke, der im Department of Strategic Mangenemt an der Universität Innsbruck tätig ist, gegenüber pressetext. „Aber kein Auto sorgt für so heftige Diskussionen zwischen ökologische orientierten und konservativen Konsumenten wie der Hummer“, meint der Experte. Ein Beispiel für die Emotionalität der Diskussion um den Hummer H2 sei die Homepage „Fuck You and Your H2“.

„Es hat uns interessiert, was genau diese Hummer-Fahrer als Gegenargument für ihr Tun vorbringen, denn ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Ideologie des Konsums hat unmittelbare Konsequenzen für den Erfolg oder Misserfolg der aktuellen klimapolitischen Kommunikation“, meint Luedicke. Der Hummer habe viel mit uramerikanischen Traditionen zu tun, haben die Forscher entdeckt. „Hier gibt es vor allem in der Wahrnehmung der Begrenztheit natürlicher Ressourcen sehr große Unterschiede zum europäischen Denken.“ Der Hummer sei durch zwei Nationalmythen der USA gedeckt und legitimiert.

Das eine ist das Derivat der Trope „City upon the hill“ aus John Winthrops Predigt von 1630. Winthrop gibt den zukünftigen Amerikanern eine Vision einer noblen Gemeinschaft, einer „Stadt auf einem Hügel“ deren Einwohner die Blicke aller Menschen auf sich ziehen um ihnen ein Vorbild an Tugend und Tatkraft zu sein. Das sei die Begründung dafür, dass die US-Amerikaner eine besondere Stellung im globalen politischen Kontext für sich beanspruchen“, erklärt Luedicke. Hummer-Fahrer würden sich selbst als Protagonisten dieser besonderen moralischen Herausforderung sehen, hat die Untersuchung gezeigt.

„Die Sonderrolle, die als Pakt mit Gott verstanden wird, rechtfertigt den Konsum des Autos genauso wie die Toleranz gegenüber dessen Besitzern“, beschreibt Luedicke die Situation. Ein Beispiel dafür sei das Hope-Programm des Hummer-Clubs, das Hummerfahrern erlaubt, freiwillige Katastrophenhilfsdienste zu leisten.

Der zweite konstituierende Mythos ist der des „hartgesottenen Individualisten“ (Rugged Individualist). „Darin ist einerseits die Ideologie des unerschrockenen tatkräftigen Individualisten enthalten, der in den USA einen unvergleichlichen Unternehmergeist begründet hat, andererseits auch das Kümmern um die eigenen Angelegenheiten und das nicht-Kritisieren der anderen“, so Luedicke. Diese Identität sei tief verankert und erkläre in der aktuellen Diskussion um die Einführung einer allgemeinen Sozialversicherung oder der Klimaschutzpolitik die heftigen Gefühlsausbrüche mancher US-Bürger.

„Sie sehen sich in ihrem Land der unbegrenzten Möglichkeiten plötzlich mit Forderungen nach einer allgemeinen staatlichen Verantwortung konfrontiert. Für konservative Amerikaner ist Konsumverzicht um des Klimas willen wie auch eine Steuererhöhung für Krankenversicherungen eine moderne Form von Kommunismus“.

Als Arnold Schwarzenegger 1992 an General Motors herangetreten ist, um nach einer zivilen Version des Hummer zu fragen, habe die Geschichte begonnen. Das Fahrzeug, der Hummer H1, wurde dem Schauspieler dann tatsächlich geliefert und er ist mit dem Wagen zur Verleihung der Academy Awards vorgefahren. Seine Begründung ein solches Auto zu fahren, waren überzeugend. Er brauche ein solches Auto um seine Persönlichkeit zu unterstreichen und ihn und seine Familie zu schützen. Als Schwarzenegger dann Gouverneur wurde, und sich zunehmend mit Fragen der Umweltpolitik auseinandersetzen musste, blieb er seinen Trucks treu.

Allerdings setzte er sich dafür ein, den Hummer umweltfreundlich zu machen. „Das zeigt sehr deutlich, wie kultursensibel Schwarzenegger agiert. Er provoziert die amerikanische Seele nicht mit un-amerikanischen Verzichtsforderungen, sondern appelliert an den nationalen Unternehmergeist um gemeinsam bessere Autos zu entwickeln“, so Luedicke. Für General Motors komme dieser Ansatz allerdings zu spät.

Die Studie „Consumption as Moral Protagonism: How Myth and Ideology Animate a Brand-Mediated Moral Conflict“ erscheint 2010, kann aber bereits jetzt gelesen werden: http://www.journals.uchicago.edu/toc/jcr/0/0

Quelle / Foto: http://www.pressetext.at / pixelio/Uwe Molt